Bei Kriegstheorie denkt man heute an Carl von Clausewitz. Vielen gilt er als Visionär, der zu Unrecht auf seinen Vernichtungsgedanken reduziert wurde. Durch seine historische Kontextualisierung wird jedoch deutlich, dass er es war, der die Erinnerung an die pazifistischen Ursprünge der preußischen Kriegstheorie vergessen machte. Ende der 1790er Jahre hatte Dietrich von Bülow mit seinem Prinzip der Subsistenz den Krieg vom Begriff der Vernichtung gelöst und als Gleichgewichtsmodell dynamischer Vermeidungs-Bewegungen interpretiert. Clausewitz war Bülows schärfster Kritiker, übernahm seine Ideen und verkehrte sie in ihr Gegenteil. Der Autor "stellt die gängige Clausewitz Interpretation mit seiner Studie quasi vom Kopf auf die Füße" (Sönke Neitzel). Selbst die Formel vom Krieg als "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" stammt nicht von Clausewitz. Er unterdrückte die ursprüngliche Tradition einer pazifistischen Kriegstheorie, und mit ihr ein Modell, das heute hoch aktuell ist. "Prussian War Theory around 1800 and Its Search for Dynamic Equilibria" This book titled investigates Prussia's discourse on military conflict during the Coalition Wars. Dietrich von Bülow was the first to develop a dynamic war theory which initiated a departure from the primacy of battle. It was the famous war theorist Clausewitz who misused Bülow's ideas for his own dogmas. This book offers new insights into a philosophy of war and proves how much it owed to an originally pacifistic theory of war. Die Anfänge der preußischen Kriegstheorie gehen auf eine pazifistische Tradition zurück, die sich an Kant orientierte und ein Modell schuf, das Krieg aus dynamischen Vermeidungs-Bewegungen erklärt. Der Pazifist Dietrich von Bülow lieferte Carl von Clausewitz die entscheidenden Ideen. Anders als die Forschung bisher meinte, war Clausewitz kein origineller Denker. Stattdessen entkernte er Bülows Theorie und deutete sie im Sinne seines Vernichtungsgedankens um - mit fatalen Folgen. Arthur Kuhle studied history and art history at the Humboldt University of Berlin and Queen's University Belfast. In 2012 he finished his Master. He then received a scholarship (Elsa-Neumann-Stipendium) for a PhD. He earned the degree in 2017. His research foci range from intellectual history to war- and peace studies of the early modern period. Since 2017 he is research associate at the "Zentrum für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung" (ZMF) of the University of Göttingen. Arthur Kuhle studierte seit 2006 Geschichte sowie Kunst- und Bildgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und Queen's University Belfast. Auf seinen Bachelor folgte ein Master in Geschichte, den er 2012 abschloss. Als Stipendiat des Elsa-Neumann-Stipendiums wurde er 2017 promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Ideengeschichte und Konfliktforschung zur Frühen Neuzeit. Seit 2017 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung (ZMF) der Georg-August-Universität Göttingen.
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Bei Kriegstheorie denkt man heute an Carl von Clausewitz. Vielen gilt er als Visionär, der zu Unrecht auf seinen Vernichtungsgedanken reduziert wurde. Durch seine historische Kontextualisierung wird jedoch deutlich, dass er es war, der die Erinnerung an die pazifistischen Ursprünge der preußischen Kriegstheorie vergessen machte. Ende der 1790er Jahre hatte Dietrich von Bülow mit seinem Prinzip der Subsistenz den Krieg vom Begriff der Vernichtung gelöst und als Gleichgewichtsmodell dynamischer Vermeidungs-Bewegungen interpretiert. Clausewitz war Bülows schärfster Kritiker, übernahm seine Ideen und verkehrte sie in ihr Gegenteil. Der Autor "stellt die gängige Clausewitz Interpretation mit seiner Studie quasi vom Kopf auf die Füße" (Sönke Neitzel). Selbst die Formel vom Krieg als "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" stammt nicht von Clausewitz. Er unterdrückte die ursprüngliche Tradition einer pazifistischen Kriegstheorie, und mit ihr ein Modell, das heute hoch aktuell ist. "Prussian War Theory around 1800 and Its Search for Dynamic Equilibria" This book titled investigates Prussia's discourse on military conflict during the Coalition Wars. Dietrich von Bülow was the first to develop a dynamic war theory which initiated a departure from the primacy of battle. It was the famous war theorist Clausewitz who misused Bülow's ideas for his own dogmas. This book offers new insights into a philosophy of war and proves how much it owed to an originally pacifistic theory of war. Die Anfänge der preußischen Kriegstheorie gehen auf eine pazifistische Tradition zurück, die sich an Kant orientierte und ein Modell schuf, das Krieg aus dynamischen Vermeidungs-Bewegungen erklärt. Der Pazifist Dietrich von Bülow lieferte Carl von Clausewitz die entscheidenden Ideen. Anders als die Forschung bisher meinte, war Clausewitz kein origineller Denker. Stattdessen entkernte er Bülows Theorie und deutete sie im Sinne seines Vernichtungsgedankens um - mit fatalen Folgen. Arthur Kuhle studied history and art history at the Humboldt University of Berlin and Queen's University Belfast. In 2012 he finished his Master. He then received a scholarship (Elsa-Neumann-Stipendium) for a PhD. He earned the degree in 2017. His research foci range from intellectual history to war- and peace studies of the early modern period. Since 2017 he is research associate at the "Zentrum für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung" (ZMF) of the University of Göttingen. Arthur Kuhle studierte seit 2006 Geschichte sowie Kunst- und Bildgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und Queen's University Belfast. Auf seinen Bachelor folgte ein Master in Geschichte, den er 2012 abschloss. Als Stipendiat des Elsa-Neumann-Stipendiums wurde er 2017 promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Ideengeschichte und Konfliktforschung zur Frühen Neuzeit. Seit 2017 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung (ZMF) der Georg-August-Universität Göttingen.